Gesellschaft für Kriminologie, Polizei und Recht e.V.

Die Gesellschaft für Kriminologie, Polizei und Recht e.V. fördert die Wissenschaft, bietet Hilfe für Opfer von Straftaten, unterstützt Kriminalprävention und bürgerschaftliches Engagement zugunsten der Hilfe für Opfer von Straftaten und der Förderung der Kriminalprävention.

Grußwort von Dr. Elke Bartels, 

Polizeipräsidentin Duisburg


Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Leserinnen und Leser,

 


das Jahr 2020 wurde maßgeblich von dem Corona-Virus und der damit verbundenen Lungenkrankheit Covid-19 beherrscht. Die Corona-Pandemie verbreitete Angst, sich selbst und andere zu infizieren und führte in großen Teilen zu einer neuen Solidarität in der Gesellschaft. Doch leider war auch das gegenteilige Verhalten zu beobachten, angefangen von unsolidarischen Hamsterkäufen, über Diebstahl von Schutzausstattung bis hin zum betrügerischen Bezug von Hilfsgeldern. 

 

Zur Eindämmung der Pandemie waren staatliche Maßnahmen notwendig, die zu Grundrechtseinschränkungen, insbesondere der Freizügigkeit führten. Es kam hiergegen vielerorts zu gewalttätigen Aktionen und Massendemonstrationen. 

 

Vielfach mischten sich Extremisten und Verschwörungsideologen unter die Teilnehmer, dominierten die Versammlungen oder organisierten die Proteste selbst. Lautstark und zum Teil massiv gewalttätig wandten sie sich gegen die vermutete Neuordnung der Welt, gegen angeblich beabsichtigte Zwangsimpfungen, „the deep state“ usw. Die Narrative und Meta-Erzählungen von QAnon, Querdenken 711 und auch Einzelpersonen sind inzwischen Bestandteil der Berichterstattung in sämtlichen Medien. 

Auch wenn Verschwörungsideologien keine Erfindung der Neuzeit sind, haben sie doch in den letzten Jahrzehnten eher ein Schattendasein geführt. Das Phänomen der kruden Behauptungen scheint aber mit dem durch Covid-19 ausgelösten pandemischen Geschehen einen idealen Nährboden gefunden zu haben und damit auch Rechtsextremisten und Leugnern des Staates eine breite Plattform zu bieten. Inzwischen sind Verschwörungsideologien zu einem festen Bestandteil des derzeitigen gesellschaftlichen Diskurses geworden. Sie gaukeln oftmals mit der Lebenswirklichkeit überforderten Menschen einfache Antworten auf komplexe oder komplizierte Lebenssituationen und Fragen vor. Nur so ist es zu erklären, dass es Verschwörungsideologen, Reichsbürgern und Rechtsextremen gelingt, bis zu 40 000 Menschen für Protestveran-staltungen zu mobilisieren.

Besonders konfrontiert mit dieser Situation war und ist die Polizei. Als Garant des Staates und Inhaber des staatlichenGewaltmonopols hat sie nicht nur den Schutz der Versammlungsfreiheit zu gewähren. Vielmehr steht derzeit zum einen die Gesundheit der Bevölkerung durch Nichteinhaltung der geforderten Hygiene-vorschriften auf dem Spiel. Zum anderen geht es um nichts Geringeres, als unsere demokratische Grundordnung als Basis unseres Zusammenlebens zu schützen.

 


 

Ungeachtet gerichtlicher Entscheidungen im Zusammenhang mit der grundgesetzlich verankerten Versammlungsfreiheit im letzten Jahr wurde aber von den Teilnehmern am 29. August 2020 mit dem Versuch, das Reichstagsgebäude in Berlin zu stürmen, endgültig eine rote Linie überschritten. Einem solchen Angriff auf unser Parlament als einem besonderen Symbol unserer freiheitlichen Demokratie ist mit Null-Toleranz und aller rechts-staatlichen Härte zu begegnen.

 


 

Politik und Sicherheitsbehörden haben jetzt intensiver den Blick auf den wachsenden Einfluss von Extremisten innerhalb dieser Initiativen zu richten. Daher hat sich auch die ständige Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder auf ihrer diesjährigen Herbsttagung mit dem Thema befasst.

 


 

Die Sicherheitsbehörden und vor allem die Polizei werden von Menschen herausgefordert, die unsere Rechtsordnung brechen, die sich eben nicht als Teil einer friedlich zusammen lebenden Gesellschaft sehen. Seit Beginn der Pandemie haben sich die Aggressionen gegen die Polizei noch verstärkt. Und leider erfahren die Beamten für ihre Arbeit nicht immer die Wertschätzung, die sie verdienen.

 


 

Aber nicht nur die Politik und Sicherheitsbehörden haben zu agieren, sondern jeder einzelne wahre Demokrat. Es muss eine viel schärfere und frühere Abgrenzung von rechten Einstellungen in allen gesellschaftlichen Gruppierungen erfolgen. Alle  staatlichen und privaten Institutionen und Organisationen sind aufgerufen, ein hohes Maß an Sensibilität und Eigenverantwortung wahrzunehmen. 
Und nicht zuletzt jeder in seinem unmittelbaren Umfeld.

 


Mit herzlichen Grüßen
Dr. Elke Bartels,

Duisburg, 15. Dezember 2020